20.9.06

Wahlloses

Liebe LeserInnen!
Habe schon lange nichts mehr gebloggt. Hatte einfach keine Zeit und keinen Bock vor lauter grausigem Wahl-Bla-bla, Bawag-, Kampusch-, Pflegenotstands- Aufgeregtheiten. Österreich hat mir die Red verschlagen, also habe ich Österreich aufgeschlagen und von nun an musste ich nicht mehr selber denken. Österreich und die ganze Welt in schnuckeligen Appetithäppchen abgepackt plus Hochglanzsociety-Studentenfutter. Ich war überwältigt und sprachlos, stopfte News, Standard, Sonntagspresse, Kurier, Kronenzeitung heißhungrig in mich hinein, auf der Suche nach einem authentischen Halbsatz, was sage ich - einem stimulierenden Stichwort, Beistrich, zumindestens Fragezeichen. Das Wunder hat sich nicht ereignet, also verfolgte ich, medial überfressen und doch ungesättigt, die aufregenden intellektuellen Thurner-Übungen der Wahlkonfrontationen im ORF, wo ich außer dem Parfum von Scheiße durch die Verdoppelung xenophober Scheußlichkeiten aus dem Großmaul der HaiderKlone und klischeehaften Phrasen der Großparteien, nur einen sympathischen, weil ehrlich wirkenden grünen Großvater entdecken konnte, der unbedingt Dritter werden und mitregieren will. Gähn.Und täglich grüßt das Murmeltier. Also poste ich vorerst nur ein altes Gedichtchen von Anfang Juni, das vor 10 Jahren schon mindestens ebenso aktuell war wie heute. Das Datum ist zwar so abgelaufen wie sämtliche Wahlversprechungen, aber was solls - Die Lügen werden ja auch gefressen. Guten Appetit!

5. Juni 2006-06-05

In der Endlosschleife
mangels demokratischer Reife


Wähler was bist du. Ein aufgeblasener Sack
Ein Spielball für politisches Lumpenpack
Der sprichwörtliche kleine Mann
Den man mit heißer Luft aufblasen kann
Bis er sich groß wähnt, mächtig und umschwärmt,
Der sich an Illusion und Lüge wärmt
Und der, was man ihm vorsetzt, folgsam frisst
Der alles glaubt und dann sogleich vergisst
Der wie ein Luftballon an dünnem Band
Hängt, ausgeliefert an der Kandidatenhand.
Mal rot, mal blau, orange, grün, was auch immer
Einfältig, eingefärbt und ohne Schimmer
Von dem was wirklich rund um ihn passiert
Weil ihn die Oberfläche nur interessiert
Das lauteste, bunteste, gewaltigste Spektakel
Politischer Feuerschlucker protzigstes Orakel.

Weil er genussvoll alles was ihn ablenkt frisst
Und dabei seine Mickrigkeit vergisst
Sein Duckertum, seine Geduld sein braves Folgsamsein
Seine Mitläuferschuld, dass er ein armes Schwein
Ist, in einer Welt aus Mist.
Dass er nach unten tritt, wenn er nach oben duckt
Dass er den Schwächeren auf die Köpfe spuckt
Wie gern er, der doch nichts zu melden hat
Den Mächtigen dient und herrscht an ihrer statt
In Uniform, zivil, im Rang ein Glied
Ein Hierarchiensprösschenuntertan
Seit ewig tönt das ewig gleiche Lied,
Trägt er der Mächtigen Joch und Schwert und Fahn`
Merzt er den Gegner aus und wenns der Bruder ist
Weil er verblendet Seel und Hirn vergisst.

So funktioniert auch jetzt Demokratie
Das Volk herrscht nicht, ist Stimm- und Stimmungsvieh
Zur Wahl stehen nur die Hirten und die Führer,
Herausgeputzte, laute Trommelrührer
Schaumschläger, Schmalzverkäufer, Suderanten,
Kurpfuscher, Bader, Lügenlieferanten
Falschmünzer, Trickbetrüger, Halsabschneider,
Möchtegernkaiserns „neue Kleider – Schneider“,
Die, wenn man sie am Kragen packt
Und in den nichtvorhandenen Kleidern schüttelt
Und prüft, auf Nieren und Gewissen
Zugeben müssen: Wir sind nackt!
Wir haben aus- gedient, geherrscht, gebüttelt!

Doch leider tut das niemand, ganz im Gegenteil
Die Eingeseiften hierzuland halten Maulaffen feil
Die Nasgeführten gehen zu Modeschauen
Und werfen Seitenblicke voller Schafsvertrauen
Auf ihre Leithammeln und Lügenbarden
Verschenken an jene die sie ins Verderben
Lenken, Milliarden und ernten nur die Scherben

Landeshauptleute, Finanzminister, Bankdirektoren
Die Verbrechermeute bleibt ganz ungeschoren
Und die Demokratie ganz ungeboren
Und die nächste Wahl, welch Infamie
geht höchstwahrscheinlich auch verloren
für die Menschlichkeit
Die Menschheit ist noch nicht soweit
Der Demokratie fehlt noch die Reife
Die Katze beisst sich wieder in den Schwanz
Und es beginnt der selbe Affentanz,
Dieselbe Endlosschleife:

Wähler was bist du
Ein aufgeblasener Sack
Ein Spielball für politisches
Lumpenpack
Der sprichwörtliche kleine Mann
Den man mit heisser Luft
Aufblasen kann …