14.11.11

TangoTexte


Inspiriert durch Peter Kantors Tanzkurs im CentrOnze, September/Oktober 2011

21. September 2011

CENTRONZE
Tango Latino-Europa.

Septembertango

Es war an einem Montag, im September, auf der Straße
An einem grauen Montag im September auf der Straße
Da sah er sie, sie war so schön, mit Tränen in den Augen
stolz vorübergehen

Nun, dreißig Jahre später blickt er wieder in ihr Fenster
Sie tanzt mit einem anderen, er steht draußen unterm Fenster
Was ist geschehen, wer kann verstehen, er sieht sie immer noch
An ihm vorübergehn

Wie damals an dem Montag, im September, auf der Straße
Das Glück war damals jung und nahm die selbe Straße
Er sprach sie an und es begann, er weiß bis heute nicht weshalb
Es dann zerrann

Heut tanzt nur die Erinnerung einen Tango der Gespenster
Nur der Septembermond so bleich wie damals glänzt er
Ertanzt allein, für sich allein, seinen Septembertango
In den Fluss hinein

Es war an einem Montag, im September, auf der Straße
An einem grauen Montag im September auf der Straße
Da sah er sie, sie war so schön, mit Tränen in den Augen
Blieb sie bei ihm stehen



Milonga im Tacheless

Bin ich weg vom Fenster bin ich nicht mehr da
Sehe ich Gespenster die ich noch nie sah
Gehe ich in Räume die ich nie betrat
Träume neue Träume um die ich nicht bat
Tue was ich nie tat

Ich bin schon so lange da, obwohl es mir so kurz erscheint
Obwohl das was ich heute sehe ich noch niemals vorher sah
Ich bin nicht mehr wer ich bin, ich bin nur der der ich werde
Jeder Atemzug ist wie ein Neubeginn endlich Mensch zu sein
auf dieser Erde

Bin ich schon bald sechzig wieder Großpapa
Nach der Liebe ächze ich doch die ist nicht da
Wo ist sie verborgen tief in mir versteckt
Fühle ich, schon morgen wird sie neu erweckt

Ich bin ein Mensch, nur ein Mensch im Sprudel der Jahre
Der wie ein Korken tanzt einmal unten einmal oben
Angestrandet sitze ich heute vor dem Meer der Zeit
In der lauen Herbstnacht vor der Tacheless-Bar
Zur Ewigkeit.

 Sommer schon im Gehen, Koffer schon gepackt
Wer kann das verstehen Herz schlägt noch im Takt
Bin unsterblich jung, wie geboren erst
Als ob Dämmerung du mein Morgen wärst
Sanft durchs Haar mir fährst

Kann es nicht glauben, dass der Winter vor der Tür steht
Werde es nicht erlauben, dass das alles zu Ende geht
Stemme ich mich auch vergeblich Zeit und Tod entgegen
Vor dem Tachless sitz ich trinke Wein und weiß auf einmal
Ich bin ich und lebe meinetwegen

Und auch für die anderen, meinetwegen

Ich bin schon so lange da, obwohl es mir so kurz erscheint
Obwohl das was ich heute sehe ich noch niemals vorher sah
Ich bin nicht mehr wer ich bin, ich bin nur der der ich werde
Jeder Atemzug ist wie ein Neubeginn endlich Mensch zu sein
auf dieser Erde



Herbstbücherflohmarkt-Tango

Werden Spatzen plötzlich Raben
Bäume drohende Skelette
Und die Träume die wir haben
Liegen an des Frostes Kette
Und die Seele treibt im Nebel
Die Ideen sind stumpfe Lanzen
In der Kehle steckt ein Knebel…

Dann geh auf den Bücherflohmarkt
mit den Büchern Tango tanzen!

Wenn die Knochen dir vereisen
Herbstreif sich auf deinen Geist legt
Sonnentage kalt entgleisen
Und das Herz nicht mehr im Takt schlägt
Sitzt du trüb im kühlen Zimmer
Willst nicht mehr herumstrawanzen
Wird der Herbstblues immer schlimmer…

Dann geh auf den Bücherflohmarkt
mit den Büchern Tango tanzen

Schleppst du müde dich im Dunkeln
Ohne Lust zur Arbeitsstätte
Siehst du keinen Stern mehr funkeln
Langweilst dich im Lotterbette
Hast dem Nächsten nichts zu sagen
Willst dich in dir selbst verschanzen
Bist es leid die Welt zu tragen…

Dann geh auf den Bücherflohmarkt
mit den Büchern Tango tanzen

Kommst du nicht mehr hoch vom Hocker
Zählst die Regen hinterm Fenster
Ist die Seele nicht mehr locker
Draußen nur mehr Herbstgespenster
Bist du im Detail verloren
Siehst nicht mehr den Sinn des Ganzen
Dann geh einfach unverfroren…

Auf den Bücherflohmarkt
mit den Büchern Tango tanzen

Und du bist wie neugeboren!
(jedenfalls nicht mehr verloren)

Guillermo di Ulme
Psychoterra- und GestalTango-Poet


Tango morbido

Ich tanze so gern Tango,
doch ich habe keine Dame
dafür nur einen Hund, der Tango heißt
ein schöner Name
Deshalb borge ich mir jedes Mal zum Tanzen eine aus
Und wenn sie nicht gut tanzen kann,
kommt sie nicht mehr nach Haus

Dann fahr ich sie zum Donaustrand
Charmant und wild, verwegen
An einen stillen Platz der unbekannt ist
und entlegen
Dort kann ich elegant die Hand um ihre Taille legen
Und mich mit ihr zum Uferrand im Tangoschritt bewegen

Und steigt sie mir auch auf die Zehen
und kommt auch aus dem Takt sie
ich pack sie, als wäre nichts geschehen,
das packt mich und ich pack sie
den Rest kann nur der Mond mehr sehen –
den Wagen und sie untergehen – ich fahr zurück im Taxi

Doch vorher tanz ich Tango noch
Perfekt, doch ganz alleine
Das Wasser tanzt, der Auwald tanzt,
der Mond, die Ufersteine
und ich, ich tanze sowieso – man wird auch ohne Dame froh
kriegt besser hin Crusade, Ocho
man ist famos die Sorgen los und Troubles hat man keine

Zu Hause wartet schon mein Hund, sie wissen, er heißt Tango
Er wedelt still, macht was ich will, nur tanzt er keinen Tango
Zum Frühstück esse ich gesund Milchshake und eine Mango
Dann geh ich ganz allein zu Bett und denke es wär doch ganz nett
Für einen echten Mann, wenn er so dann und wann
Mal eine richtige Dame hätt, die Tango tanzen kann

Es soll im richtigen Leben, ja durchaus welche geben
Und wenn sie nicht gestorben sind, wer weiß, ich mal die richtige find…
Es könnte sich ergeben, denn,

Ich tanze so gern Tango,
doch ich habe keine Dame
dafür nur einen Hund, der Tango heißt ein schöner Name
Deshalb borge ich mir jedes Mal zum Tanzen eine aus
Und wenn sie nicht gut tanzen kann,
kommt sie nicht mehr nach Haus…

Zu Allerseelen fahr ich Jahr für Jahr zur Donau raus
Nach Albern zu den Namenlosen, von Blumen einen Strauß
im Nebel graue Wellen tanzen, werfe ich hinterher
sollen tragen ihn zu den Emanzen, die alle so schlecht Tango tanzen
jetzt im schwarzen Meer – will ihnen durch die Blume sagen:
Ich bitte um Vergebung, doch es war nicht zu ertragen
es fiel mir wirklich schwer, doch ich liebe Tangotanzen viel zu sehr


Bücher-Tango
bis die Wogen Wiegen wiegen

Wenn die Bücher Tango tanzen
Mischen sich frivol die Seiten
Und so manche Diskrepanzen
Lösen sich im trauten Gleiten

Bild von liebeskranken Pfauen
Die im Takt herumstolzieren
Tief sich in die Seelen schauen
Sich drin finden und verlieren

Politik mit Belletristik
Lyrik mit der Mathematik
Tanzt voll Anmut und Artistik
spannungsvoll bewegte Statik

Deckel an Deckel, gerade Rücken
Halten sie sich in Balance
Fest sich aneinanderdrücke
Gleiten hin voll Elegance

Halb versinken und halb schweben
Schwer und doch voll Leichtigkeit
Halb ersterbend, doppelt leben
Einsam voller Zweisamkeit

Liebesromanes,Storchenbeine
Schlingen sich um Ethik – Bibel
Zwei Figuren werden eine
Tangotanzen ist nicht ibel

Pornografen, Katholiken
Alle tuns, mehr oder minder
Manchmal tanzen sie zusammen
Und dann gibt’s im Frühling Kinder

Tangotanzen ist gefährlich
Leidenschaftlich wiegen Wogen
Aber seien wir mal ehrlich
Tangotanzen, ungelogen
Ist im Grunde unentbehrlich
Soll die Menschheit nicht versiegen
Und in Müdigkeit ermatten
Tango regt an zum Begatten-
Tanz bis sich die Bretter biegen
Und die Wogen Wiegen wiegen
Und die Bücher Kinder kriegen…


Hochzeitsblues
von Leben Tod und Liebe
Blues of wings and roots
(Für Barbara und Christoph)

Wings and roots are our goods
Dont forget dont be upset
Always remember even in pain
Something is holding us
Something is warming us
We can not explain
Love only remain

Love is life, life is love
Compare love and death
Love is always above
always above, but never enough
Explore more and more
far as never before
let safe harbour behind
and you loose every thing
body soul even mind
following just your wings
if you forget your root
you arrive nowhere in a sad, bad mood
Amor fati, love your destiny,
Liebe dein Schicksal, es ist kein Scheusal
Wurzel und Flügel ohne Peitsche und Zügel,
sind uns gegeben. Liebe ist Leben Und Leben ist Liebe
Liebe ist stärker als Tod, aber immer bedroht, aber nie genug
Entdecke mehr und mehr, weiter als je zuvor
Neige dich empor, aber behalte deine Wurzeln im Flug

Sadness, bright sadness warm light of hope
Only this eyes are in fire of life, are in fire of love
Stronger than death, love is always above, we dont need dope
Pain, nightmare of hopelesness, beautiful burnout, stress
When wings are growing and you dance without shoes
The marriage-blues of life death and love
Always above, stronger than death
The marriage blues of life death and love

Wings and roots are our goods
Dont forget dont be upset
Always remember even in pain
Something is holding us
Something is warming us
Something is bluesing us,
We can not explain
Lonely Love only remain
At the end of all, which is just the begin
Of new love and sin
In our eternal fall


Polaritätenkreis

Zu Armen die Reichen
Zu Reichen die Armen
Zu Alten die Kinder
Zu Kindern die Alten
Zum Hochmut Erbarmen
Zu Lebenden Leichen
Zu Heißen die Kalten
Zu Beschränkten Erfinder
Zu Erfindern ein Sesselkreis von
behinderten Kindern


Laub im Licht

Laub ist wie Trauer
Im Sonnenlicht
Gelb entflammt
Grünes Blatt war es einmal
Wir reiten auf der Zeit
Wie auf dem Rücken
Eines Tieres
Wie auf einer Riesenschildkröte
Die das Meer der Ewigkeit durchpflügt
Durch die Jahreszeiten
Durch die Himmelsräume
Durch die endlosen Weiten
Der Träume, der Fantasie…
Sind zusammen und finden uns nie.
Wie die Blätter
Da auf dem Boden
Jedes für sich allein
Und doch zusammen
Im Sonnenschein


21. Oktober 2011

Nussschale tanz

Die Vergangenheit ist
Immer tot und die Zukunft
Die noch nicht da ist
Ist es auch
Nur die Gegenwart ist
Unser Rettungsboot
Aus Augenblick, Herzschlag
Und Atemhauch

Und so rudern wir
Unsere Lebenszeit
Immer kurz nur
In Lebendigkeit
Die sofort versinkt
In Traum-
Vergangenheit
Lebendig
Hin zum
Zukunftstraum
Auf dem Schaum
der Zeit

Nussschale
Die tanzt
Auf dem Meer
Ewigkeit.