27.7.12

60 und so weiter



  1. Juli 2012
Anflug von Liebe
(Nachbeben der Gestalt-Experiment-Summerschool mit Thomas Fajs)

Irgendwas regt sich in mir
wie ein Saatkorn, das aufbricht, ein Keim
Gerade war da noch graue Wüste
und jetzt – Spannung und Feuchtigkeit
in den Augen und ein wohliges Gefühl
im Bauch und Unterdruck im Herzen, ein Tief
wie vor einem Sandsturm
Aber noch – Stille – zuviele Worte
Tonnen von hilflosem Papier
das keine Knospe hervorbringt
Aber doch – irgend etwas regt sich
in einem mikroskopischen Riss meiner Mauern
Still! Höre das Gras wachsen!
Zerrede nichts, kaue das Nichts
und das Alles – lass  laufen was kommt.
Nichts ist da?
Und doch, ich spüre im Saatkorn
das aufbricht, einen Anflug von Liebe.


Für Frau A

Wolken sind in mir, Wolken von Tränen
Ganze Sturzbäche, ganze Fluten
von Trauer und Wut, von Schmerz
und Schmutz. Aufgestaut sind sie
und brechen mir aus den Augen
tief aus dem Herzen und den Gedärmen
braust dieses Wutschwarz und füllt das
ganze AKH bis unters Dach mit seinem Schrei
Ich kotze sie aus die Überschwemmung in mir
ich bin wie ein lachender, nagender Biber
der die Schutzdämme annagt und unterminiert
die sterile Fläche des ordentlichen Alltags,
der scheinbaren Idylle, der unnahbaren
Gleichgültigkeit.
Ich weine mich frei und mache die Fenster
und Türen weit auf für den trockenen Sommer
und frischen Wind -
bald ist mein Haus wieder bewohnbar.


  1. Juli 2012

Versuchsanordnung

Gefangen hinter unsichtbaren Gittern
die weißen Kittel schützen nicht vor Gefühlen
Verrückte Welt – ein Ramschtisch zum Durchwühlen
und waren Kinder doch, die Ärzte, die ver-pillen-bittern

Gesunde Welt – ein Käfig voller Narren
Alles ist planquadriert, in Kasteln eingeschachtelt
Wer nicht hineinpasst ist verdächtig, schuldig
und wird von grantigen Schwestern „überwachtelt“!

Er sollte ruhig und dankbar still verharren
Gesund ist wer pariert und sich nett selbst kastriert
Das Leben ist eine Versuchsanordnung
wie es gelingt sich selber zu verscharren

Ärzte und Pflegepersonal verurteilt, lebenslänglich
die Patienten haben eine kleine Chance zu fliehen
Für Heilung ist Anpassung unumgänglich
denken die Wärter und lassen eifersüchtig
die Kranken nach dem Turnus in die Freiheit ziehen


Weiße Krähen

Weiße Krähen
schwarzer Schnee
schaust du weg
tu ich mir weh
schaust du her
bin ich nicht da
Sag ich Kri-
se, sagst du Kra-
ss und es wird
dein Auge nass

Was tut besser
Nadel, Messer
stechen, schneiden
keins von beiden
Über deine Seele springe
lasse Pein und Scham und Klinge
schreie, tobe, schlage, singe
alles tue, doch vermeide
an der Aggression zu leiden
schick sie auf die Trauerweide
tanze nicht auf Messers Schneide
weiße Krähe brich dein Schweigen
kannst ruhig deine Schwärze zeigen
Weiße Krähen
schwarzer Schnee
ich kann deine Seele sehen
rein und schön ist,
was ich seh
und tut weh
und nicht mehr weh

  1. Juli 2012

Tiefes Gefühl

Süßer Schmerz des Lebens
wenn ich bei mir bin
wenn ich Schauer spüre
dass mein Herz sich rühre
und alle Sinne sind nur mehr ein Sinn

Süßer Schmerz der Trauer
wenn die Wunden blühen
für die, die verschwunden
nun sich nicht mehr mühen
nach des Lebens Dauer
und ich kann sie spüren
wie sie tief in mir
Seele und Herz berühren
und ich bin noch hier
bin noch gerne hier,
ihr da, in der Ferne


Yeni, du - bist jetzt für mich Peru

Ich fühle deine starke Seele
Den Jubelschrei aus deiner Kehle
Der alle Leiden übersingt
Ich fühle himmelhohe Weiten
Die dich auf Schritt und Tritt begleiten
Die wilde Kraft die dich durchdringt

Yeni, du - bist jetzt für mich Peru

Ich sehe das Kind zwischen den Steinen
Ich höre in deinem Lachen Weinen
Sehe Kälte in deinem warmen Blick
Was je sie schlimmes dir auch taten
Das Kind in dir ist heil geblieben
Trotz Pein und Schmerzen wohl geraten
Freudig zu leben und zu lieben
Trotz aller großen Widrigkeiten
Tanzend die Wege zu beschreiten
Und frei, Yeni, ist dein Geschick
Dabei will ich dich gerne begleiten
So weit ich das auch immer kann
Als Freund, als Vater, Bruder, Mann...

Yeni, du - bist jetzt für mich Peru

Du bist mutig, witzig und gescheit
Fleißig und beharrlich, voll Bescheidenheit
Aufrecht, geradeheraus, wie Berge sind
Klar und sinnlich, unergründlich tief
Kleines Kind, das mit der Katze auf dem Rücken
bloßfüssig durch Eis und Kälte lief
immer glaubend an die gute Möglicheit
Manchmal auch umwölkt von dunkelschwarzem Wolkenhaar
Voll Geheimnis, Irrlicht und Gefahr
Aber nur für kurze Zeit schreit dann der Jaguar Hoffnungslosigkeit
Mit dem Kondor und dem neuen Wind
kommt bald wieder Heiterkeit und Sonnenschein
Denn es weiß doch jedes kleine Kind
Berggipfel sind einsam, Yeni, aber nie allein

Yeni, du - bist jetzt für mich Peru

Ich fühle deine starke Seele
Den Jubelschrei aus deiner Kehle
Der alle Leiden übersingt
Ich fühle himmelhohe Weiten
Die dich auf Schritt und Tritt begleiten
Die wilde Kraft die dich durchdringt
und nun auch in mir weiterklingt

Zwischenbilanz

Bisher war ich vie zul „vorsechzig“.
In Zukunft wervde ich mit mir etwas „Nachsechziger“ sein

So ist das

Ich wollte nie ein Schicksal haben
Jetzt hab ich es: schicksallos zu sein
In mir fliegt der Schmetterling der Neugier
Zappelt der Zeppelin der Exploration
Ich bin ein vorsichtiger Abenteurer
Ich wohne in meinem Kopf
und meine Sinne denken!
Lange Zeit wollte ich etwas sein
jetzt bin ich ganz einfach kompliziert
und schäme mich nicht dafür wie ich bin
Ich lebe mit mir in Frieden, das heißt
ich treibe mich an und lasse mich treiben
und höre nur auf mein Herz
auch dann wenn es gerade nicht schlägt
so hinke ich fliegend meinem Ende zu
und habe es gar nicht eilig
Ich lasse die Welt in mich hinein
und mich hinaus in die Welt
Umarmung nenne ich das
Ich umarme die Ewgkeit
in der Gegenwart. So ist das!

Frei am Fluss

Die Wolken ziehen
der Fluss zieht mit
Das dünne Gold des Abends
leuchtet auf Dächern
und im grünen Fluss
der grün und braun
das Gold ertränkt
Ein schöner Tag war
uns geschenkt
jetzt zieht er hin,
im Abendglanz
wie alles was ist
ziehen muss
Die Träne, die das
Auge befeuchtet
der Vogelschrei
der warme Kuss
alles was ist, vergeht
vertanzt
und wenn die Nacht
kommt, findet sie
uns nicht mehr wie
wir Morgens waren
Züge und Schiffe
abgefahren
Gefallene Blätter
bleierne Wimpern
Die Mauersegler
fliegen tief
Ein Jammer wer den
Tag verschlief
auf dem Klavier der
Angst zu klimpern
Die Nacht kommt
und der Tag fällt tief
in schwarze Sterne
des Nichts.
Bald schwimmen wir im
nächtlichen Tod
und warten auf das Rettungsboot
Verkünderin des Morgenlichts

  1. Juli 2012

Tiefer Wunsch nach Veränderung

Ich will die Welt zurückhaben,
Stück für Stück
Atom für Atom wieder
zusammenfügen
den Fluss hinauf
schwimmen
bis zu meinem Ursprung
in die Wolken
zurückregnen.
Und ich verfalle schon
wieder in die selben
Muster – perfekt
sein zu wollen -
mich hintert der Tätigkelt
zu verstecken
Alles zu organisieren
alle glücklich
machen zu wollen
und selbst nur
unruhig zu werden
Wieso habe ich kein
natürliches und
ruhiges, gelassenes
Selbstvertrauen?
Ich bin wie ich bin
und es kommt was kommt.
Weil ich den Lauf der Welt
andern will, muss.
Weil ich den Auftrag habe
und je mehr ich dessen
gewahr bin und mich
von ihm befreie,
merke wie sehr
ich mir selber
wünsche die Welt
würde anders werden -
schön, freundlich
friedlich und lustig
und ich möchte etwas
dazu beitragen
nichts oberflächliches,
tief aus mir selbst
heraus, wie ich
das tue wenn ich pflege oder
jemanden in der Therapie
stunde habe
tief aus mir heraus
verändern
und mich selbst
verändern

  1. Juli 2012

Immer Premiere

Für das Leben gibt es keine Probe
Es ist immer Premiere.

Fazit

Unterm Strich
Ich
und dazu
Du
ergibt
Wir
sind
immer noch hier
Uff, das spüre
ich jetzt und werde
ruhiger, meine Panik
und Spannung verfliegt
und ich bin bei mir
und das ist gut so
und fühlt sich gut an.
  1. Juli 2012

Yeni, wenn du singst...

Wenn Du singst
bewegt sich die Welt
unmerklich
und die Verschwundenen
singen mit.
Das Spinnennetz
der Zeit,
das Gefängnis unserer
Träume schwingt
zwischen den
Bäumen der Angst
und zerreißt
und durch die kleinen Risse
entschlüpfen
die gefangenen
Träume wie
kleine Tiere
ins Freie
des Jetzt
Die Wunden
heilen, die
Tränen trocknen
im leisen Wind
deiner Stimme
wächst die
Blume der Sonne
und über den Rücken
meiner Seele
läuft ein Schauer
des Glücks
Wenn Du singst
liege ich an
der Brust
meiner Mutter
und die Erde,
ich spüre es,
unter meinen
Füßen
unterbricht
ihren grollenden
Lauf
und tanzt

Wenn Du
singst, Yeni
wird meine
Liebe wach.
  1. Juli 2012

In den violetten
Wassern der Donau
ertrinkt mein
nachtschwarzes Herz

Jemanden erwarten

Wie schön es ist auf
jemanden zu warten
dass es da jemanden
gibt, der zu dir
kommt wie aus
einem paradiesischen Garten
aus dem Nichts, einfach
da ist, aus Fleisch und Blut
und atmet und lacht
und ist plötzlich da
klein, schwarz, wie die Mitternacht
und ist plötzlich nah
Ach, wie tut das gut
und du hast das Gefühl,
dass dich jemand
liebt.

28.6.12

Gastibelza


Ein Lied von Georges Brassens, Text von Victor Hugo, das mir gut gefällt und das in meiner Übersetzung, denke ich, auch in deutscher Sprache gesungen werden kann.


Gastibelza, l'homme à la carabine,
. . Chantait ainsi :
"Quelqu'un a-t-il connu doña Sabine ?
. . Quelqu'un d'ici ?
Chantez, dansez, villageois ! la nuit gagne
. .  Le mont Falu...
Le vent qui vient à travers la montagne
. .  Me rendra fou."

"Quelqu'un de vous a-t-il connu Sabine,
. . Ma señora ?
Sa mère était la vieille maugrabine
. . D'Antequera,
Qui chaque nuit criait dans la tour Magne
. . Comme un hibou...
Le vent qui vient à travers la montagne
. . Me rendra fou."


"Vraiment, la reine eût, près d'elle, été laide
. . Quand, vers le soir,
Elle passait sur le pont de Tolède
. . En corset noir.
Un chapelet du temps de Charlemagne
. . Ornait son cou...
Le vent qui vient à travers la montagne
. . Me rendra fou."



Le roi disait, en la voyant si belle, 
. . A son neveu :
"Pour un baiser, pour un sourire d'elle,
. . Pour un cheveu,
Infant don Ruy, je donnerais l'Espagne
. . Et le Pérou !
Le vent qui vient à travers la montagne
. . Me rendra fou."


"Je ne sais pas si j'aimais cette dame,
. . Mais je sais bien
Que, pour avoir un regard de son âme,
Moi, pauvre chien,
J'aurais gaîment passé dix ans au bagne
. . Sous les verrous...
Le vent qui vient à travers la montagne
. . Me rendra fou."


"Quand je voyais cette enfant, moi le pâtre
. . De ce canton,
Je croyais voir la belle Cléopâtre,
. . Qui, nous dit-on,
Menait César, empereur d'Allemagne,
. . Par le licou...
Le vent qui vient à travers la montagne
. . Me rendra fou."


"Dansez, chantez, villageois, la nuit tombe
. . Sabine, un jour,
A tout vendu, sa beauté de colombe,
. . Tout son amour,
Pour l'anneau d'or du comte de Sardagne,
. . Pour un bijou...
Le vent qui vient à travers la montagne
. . M'a rendu fou."



Paroles: Victor Hugo. Musique: Georges Brassens   1954 © Polydor autres interprètes: Renaud Séchan (1996) note: Poème de 1837 (« Guitare » pièce XXII du recueil « Les rayons et les ombres ») légèrement transformé par Georges Brassens.

Gastibelza mit der Haudegenmine
Sang dazumals
Kanntet ihr das edle Fräulein Sabine
Männer des Tals
Singet und tanzet ihr Dörfler, es nachtet
Am Berg Falu
Der Wind aus den Bergen der macht mich verrückt
Und raubt mir die Ruh

Also was ist, kannte jemand Sabine
Meine Senora
Und ihre Mutter, die uralte Trine
Aus Antequera
Die jede Nacht vom Stadtturm schrie
Ihr Eulen- Hu-Hu
Der Wind aus den Bergen macht mich verrückt
Und raubt mir die Ruh

Neben ihr würd selbst die Königin hässlich
Erblassen vor Neid
Quert abends die Brücke sie nach Toledo
Im eng-schwarzen Kleid
Schmückt ihren Hals noch  ein Rosenkranz 
Karls des Großen dazu
Wind aus den Bergen du machst mich verrückt
Und raubst mir die Ruh

Der König sagte zum Neffen als er sah
Wie schön sie war
Für einen Kuss, für ein Lächeln von ihr
Ja, nur für ein Haar
Infant don Ruy, gäbe ich Spanien
und auch Peru
Der Wind aus den Bergen mac ht mich verrückt
Und raubt mir die Ruh

Ich weiß nicht ob ich die Dame je liebte
Aber ich weiß
Für einen Blick ihrer Seele böt ich, armer Hund
Jeden Preis
Zehn Jahe Zwangsarbeit nähm ich verzückt
Samt Verbannung dazu
Der Wind aus den Bergen macht mich verrückt
Und raubt mir die Ruh

Als ich das schöne Kind sah, ich der Hirte
Aus diesem Kanton
Glaubt ich ich sähe die schöne Kleopatra
Die, sagt man, schon
Seinerzeit den großen Cäsar ins Joch zwang
Mit seidenem Schuh
Der Wind aus den Bergen macht mich verrückt
Und raubt mir die Ruh

Singet und tanzet, ihr Dörfler, die Nacht fällt
Einst aus Laune nur
Verkaufte Sabine all ihre
Schönheit, Seele, amour...
Für einen Goldring vom Comte de Sardagne
Für ein Bijou
Der Wind aus den Bergen macht mich verrückt
Und raubt mir die Ruh










und raubt mir die Ruh

10.6.12

An der Donau


  1. Juni 2012
Komm mit, sagt der Fluss
Bleib, sage ich
und die Wolke lächelt
Die Venus wanderte
heute durch die Sonne
und blutrote Kirschen
färben unsere Hände
Der Wind erzählt
eine Geschichte
die ich schon weiß
Der Strom flüstert
ein Geheimnis für alle
Ich spüre die Seele
in mir und um mich
und die schwarzen Steine
schweigen lächelnd
Eine Peruanerin
die mit den Augen singt
schlägt mit einem Stöckchen
einen Takt
und wundert sich
Die beiden Enden
des Flusses
versinken im Abend
Ein Schleppschiff schickt
uns laut klatschende Wellen
Was sitzt ihr,
kommt mit in die Nacht
Noch ist die Reise
nicht zu Ende

28.4.12

Frühlingsgefühl und Kinderlied


FREITAG, 27. APRIL 2012

Frühlingsgefühl

Der süße Duft
von Mai und Ewigkeit
von Liebe, Blüten,
Wachsen und Gedeihen
Die grüne, goldene Welt
die uns ganz sanft in Auge
und Seele fällt
wenn die Natur uns streift
mit ihrem neuen Kleid
aus zarten Spitzen
und erfüllter Dankbarkeit
Und alles um uns
löst und öffnet sich
und bittet lächelnd
um Glück, Gnade und Verzeihen.
Was für ein Luxus
Nichts zu besitzen
einfach zu sein

  1. April 201
Meinen depressiven Geschwistern
Ein Kinderlied

Wir sind der Sonne Kinder nur
Geschwisterlich ist die Natur
Und Liebe ist die Energie
Die alles das zusammen hält
Es ist egal, benenne sie
Wies dir beliebt
Sag Gott, sag nichts
Wir sind die Kinder dieser Welt
Und unser Glück ist Fantasie
Mit allen Sinnen – Fühlen, Denken
Und Freude haben, Freude schenken
Das Kind in uns bleibt bis zum Ende
Sei nett zu ihm, reich ihm die Hände
Beachte es und nimm es ernst
Dass du das Kind sein nie verlernst
Das wünsch ich dir, mein Gegenüber
Leb Gleichheit in Verschiedenheit
Und stülp dich niemand Anderem drüber
Ein jedes Ich ist auch ein Du
Sei Mensch und finde deine Ruh
Sei Mensch und finde deinen Platz
Und sei dir selbst dein größter Schatz
Den du verschenkst ohne Bedauern
Du kannst nicht lieben ohne zu Trauern
Du kannst nicht leben ohne zu Trauern
Trau dich!

8.4.12

Es ist was

Poetisches fingerfood während der Erich Fried-Lesung von Frank Hoffmann, begleitet von mg3, im Novomatic-Saal, am 31. 3. 2012.

Erich

Wie sehr solltest du her
klein, bebrillt, witzig und
mit einem Herzen
aus Zunge und Liebe

In diesem betuchten Haus
wärst du ein Dorn
im Portemonnaie
wo sonst das Herz sitzt

Du wärst der Kontrapunkt
in ausgebeulten Hosen
mit an den Ellenbogen
lederverstärktem Tweed-Sakko
Zeitenblick, kein Seitenblick
ohne Film, ohne Tam tam, ohne Pomp
einfach du, aber mit deiner Liebe
zur Wahrheit und Ehrlichkeit
und Einfachheit.

Wie sehr du fehlst
in diesem eigenartigen
leeren Getöse
Du, mit der Schmeichelstimme
des Haus- und Hof-Haberers?

Wie sehr du fehlst
Und wärst trotzdem erfreut,
dass Gedichte und Gedanken
erklingen.

Unentseelbare Seele
eines kleinen, aufmüpfigen
Liebhabers der treffenden
Worte

Freude und Liebe

Wir brauchen keine
Nachmacher und Vormacher
Wir brauchen keine Macher

Wenn die Macher
ewig so weitermachen
droht dem Leben Ungemach
Wir brauchen Freude
Wir brauchen Liebe

Nichts was machbar wäre
Alles was ist, sich ereignet
Begegnung in der Komplexität
des Zufalls

Wir brauchen
Freude und Liebe
und Zärtlichkeit
Nichts eingemachtes
Nichts ausgemachtes
Einfach was ist.

Tun was wir nicht können

Wir können die Jahre nicht halten
Wir können nicht glätten die Falten
Wir halten den Fluss nicht auf
Wir können ihm nicht entsteigen
Wir können uns nicht verschweigen
Wir nehmen seinen Lauf.

Die Einsamkeit des Verschwindens
ist nicht mit Worten zu bemänteln
das Sterben nicht zu besänftigen
Der Tod ist nicht süß

Und doch verbannen wir die Angst
mit Gedichten aus Gesichtern
die verschwinden


Liebe

Nie wieder erblüht sie
Nie wieder die selbe
Und doch Liebe

Wir vergehen
und gehen ihr nach
und erreichen sie nie

Und doch Liebe
in den Augensternen
des Anderen
in den Tränen
und im Stöhnen
unter wechselnden Himmeln
Und immer der selbe

Und immer die
immer nie Liebe



Beg-Ähren

Ach wie die Traurigkeit
hinter dem Staudamm
vor dem Kraftwerk sich aufstaut
zu gigantischer Kraft

Wie die Turbinen
des Frühlings erblühen
und pflügen der Tage
Gezeiten

Ach wie die Traurigkeit
sich Bahn bricht und übertritt
Und aus dem Weizen meiner Haut
werden Ähren im Sturm
und ich will dich liebkosen

Hochzeit

Die Hochzeit der Menschen
liegt noch weit vor uns in der Ferne
Aber die Ringe tragen wir schon
und die Schuhe lasst uns putzen
und schmücken die Tage
mit Lampions aus Mond und Sonne
und Meerschaum und Traum

Die Hochzeit der Menschen
Liegt noch vor uns
Aber tanz den Hochzeitstanz
den können wir schon
beginnen

Was uns zusammen hält

Was hält uns noch zusammen
Der Kitt der vergangenen Zeit
Die Seife der Sorgen
Die Schalen der Hoffnungen
Die Häute der Sehnsucht
Der Kleister der ungerührten
Anpassung

Was hält uns zusammen
Der Druck von Außen
Die Leere von Innen
Was hält uns zusammen
Die Angst vor dem Verlust
Die Lebenslust


Wie gut

Du bist noch da
Wie gut das ist, dass du da bist
Ich bin noch da
Wie gut das ist, dass ich noch da bin

Wir berühren uns ohne uns zu berühren
Wir fühlen uns ohne uns zu fühlen
Wir sind da. Wir sind einander nah

Wie gut das ist, dass wir da sind
und uns nah sind
Wie gut das ist, zu wissen, dass es dich gibt
Wie gut das ist zu wissen
wie das ist, wenn man/frau liebt

Quadrat

Unvergesslich, d ieser leichte Augenblick
in diesem weltentrückten Quadrat aus Blüten
in dem wir nackt frühstückten

Mitten im Nabel der Welt
werde ich ewig mit dir liegen und schweben
mein ganzes Leben lang
in diesem mittagshellen, duftenden Bett, mit dir
Mit dir

28.3.12

Genesungsspaziergang


  1. März 2012
Genesungsspaziergang

Zur Silberader meines Lebens
zum großen Fluss zieht es mich hin.
zum Frühlingsfest des großen Gebens
zu fühlen - nichts ist je vergebens -
nach jedem Ende kommt Beginn.

Schneeglöckchen läuten in den Gärten
Krokusse brechen durch die Erde
Hundegebell und Vogelklang
Entspannung erregt die Menschenherde
auf ihrem ersten Frühlingsgang
und über allem klingt: es werde!

Der Fluss trägt gelbe Ruderboote,
im ewigen Takt, wie amüsiert
erstaunlich, dass so mancher Tote
mit uns im Frühlingswind flaniert.

Was ändert sich aus welchem Grunde
wer weckt die Welt aus finsterem Schlummer
Tragen nicht Kranke und Gesunde
ein wenig leichter ihren Kummer
im Frühlingslicht? Nur Illusion?
Die Hand aufs Herz – ich glaub es schon.

Schweig Hirn lasse die Sinne trinken
den Frühlingsnachmittagszaubertrank
genießen Duft, Bild und Empfindung
und hören die Seele allen Seins
Fühl dich mit allem in Verbindung
und lasse alles in dich sinken
und geh in allem auf, - werd eins

Krank und gesund – wo ist die Grenze
Normal – Verrückt bestimmt die Norm
Gegen des Frühlings Freudentänze
hilft Regel nicht und Uniform

Und herrschen auch die Lebensdiebe
mit Eigennutz und Übermacht
stärker als sie ist stets die Liebe
die ihnen in die Augen lacht

Und wollen sie uns tot besitzen
entseelen, auseinanderzählen
missbrauchen, peinigen und quälen
auch wenn sie uns im Nacken sitzen

Der Mensch ist ein soziales Wesen
sehnt sich nach Nähe, Licht und Wärme
nur Freiheit bringt ihn zum Genesen
Geborgenheit der Menschenschwärme
die miteinander, Seite an Seite
getrennt und letztlich doch geborgen
einander stützend weiterfliegen
ins Unbekannte, ferne Weite
Feder an Feder, Heut und Morgen
sich stützend, doch sich nicht erstickend
ergänzend und die nur zum Spiel
wettstreiten, nicht besiegen, beflügeln
ist das große Ziel

Ein Stück von dieser Utopie
die ich in mir trag bis zum Ende
liegt in der Frühlingssynfonie
ich kann sie überall verspüren
es öffnen sich da alle Türen
in ahnungsvoller Fantasie

Zurück geh ich nun meine Schritte
stromauf – die Sonne zu meiner Linken
etwas beruhigter in der Mitte
den Rest des Tages auszutrinken.

21.3.12

Abschied von meiner Freundin Eva Brunner Szabo

Jänner 2012


Eva

Das was du bist ist intakt, unsterblich, einzigartig da
Das was du bist ist nicht krank, das was du bist ist mir nah
Unzerstörbar ist es du, jeder Atemzug, Gedanke, jedes Blitzen deiner Augen
Deine Skepsis, deine Schnippigkeit, dein lakonischer Witz
Welche Himmel können die uns vorenthalten

Niemals sehen wir dich fromm deine Hände falten
Oder sprachlos akzeptieren Dunkel und Gewalten jeglicher Provenienz
Dich besiegt der Tod nicht, denn du lebst außer Konkurrenz
Deine Vorstellung von Sein und Existenz

Bist ein Vogel aus dem Nichts, klein, unscheinbar
Faszinierend und verlockend wunderbar
Eine verwandte Seele, gut in vielen aufgehoben
Wollen deinen Tag noch vor dem Abend loben
Und dir unsere Liebe sagen

Wir, die wir dein Schicksal mit Dir tragen
Wir sind lebenslang von Dir bewohnt
Durch dein Dasein sind wir reich belohnt

Eva, auf dem Flohmarkt der Ewigkeit
Geht dein Film niemals verloren
Irgendeinmal wird er neu geboren
Eva, du gehst uns nicht verloren


Eva stirbt

Eva stirbt –  der Frühling geht ins Land
Was wollte er mir sagen dieser Leichenwagen
Von links nach rechts heute morgen
Jetzt halte ich deine kalte, matte Hand
Und höre dich letzte, spitze Seufzer sagen
Du bist schon jenseits aller Not und Plagen

Du gehst den letzten Weg als Kunstwerk aufgebahrt
Ich denk an deine Fotos in Großmutters Totenhemd
Gespenst aus Stroh und Wachs
Ein Lebensfunke von Erinnerung bewahrt
Dein schöner Kopf, fahl, schütterschwarz behaart
Und über ihm die Maske eines Dachs

Ein frecher Dachs warst du und wieselflink
Ohnmächtig eigenwillig, von blitzender Intelligenz
Sensibel und verletzlich, ein sarkastischer Spatz
Ich habe dich geliebt als Freundin Gegensatz
War ich ein Schmalztopf warst du ein Korn Salz
War ich ein Ausrufzeichen, warst du schlichter Punkt
Und keusch warst du, war ich ein Hahn in Balz

Deine Ergänzung brachte stets Erglänzung
Durch deinen tiefen Humor hats zwischen uns gefunkt
Du bist eine liebende Künstlerin
Ich hab nicht viele Freundinnen,
Eine warst du

Im Schöpfen waren wir uns nah verwandt
Du stirbst jetzt – und der Frühling geht ins Land
In meinem Herzen bleibst lebendig Du
Und keine Ruh!

P.S.: Und wieder einmal habe ich die richtigen Worte erst zu spät gefunden
Ich hoffe sehr du hast sie schon vorher empfunden

Es ist die Liebe

Es ist die Liebe, die uns wiederkehrt,
uns jeden Frühling neu beehrt
Das Wachsen bis zum Sterben – diese Dehnug
die uns vom Anfang bis zum Schluss verzehrt
und unbarmherzig jeden Trost verwehrt.
Gestattet mir noch die Erwähnung:
Wir lebten gar nicht wär sie uns verwehrt.


I bin a Monument aus Schmoiz


hoffantlich hoits!
I brauch Pfeffa und Soiz
I bin leicht zum eibrodn
daun kaunst in Schmoiz wodn
weu do schmüzt mei Stoiz

I bin a Monument aus Schmoiz
des is vielleicht net gaunz konform
und ziemlich sicha aus da Norm
Aus mia kaunst ka Reiterstaundbüd mochn
ka Denkmoi aufm Hödnplotz
nua schmoizige kitschige Sochn
weu i sunst umanaundapotz und zrinn
weu i a echta schmoizoff bin
So haum mi meine Ötan gmocht -
sentimental und woch und doch
waun i koit augwaht wia
wia i hoat, robust und kumm
a leicht in Foat

Des is ka Lercherl, gfruranes Schmoiz
waun i mit hoatm, gfruranan Schmoiz
üba de Gegner drüberwoiz
do bin i plötzlich nimma zoat
mit schaurig-schrecklichem Gramlboat
Oba, waun ma mia schene Augn mocht
und woam und freundlch kummt und locht
daun schmüz i weg
wia Schnee im Dreck
wia Schmoiz im Pfaundl
aum Gänglbandl der Gefühle
und sehne mich nach einer großen Kühle
noch Brod und Soiz
zu mein fadn Schmoiz

Eva – ave!

Abschiedsgedanken beim Glasorgelspiel

In der Zwischenwelt der Töne und des Lichts
Im Schweigen und den ungeweinten Tränen
Im Eismeer allen jubelnden Verzichts:
Der unsichtbare Schwan zwischen den Schwänen

Die Kunst des Alltags ist mit dir gefärbt
Im Morgenlicht begrüße ich deinen Strahl
Und wenn der Schmerz mich überwältigt
Stehst du vor mir schmal und unsentimental
Und lächelst.


Schwarzer Vogel Traurigkeit

Schwarzer Vogel Traurigkeit
fühle in meinem Blut deinen Flügelschlag
im Geäst der Nerven sträubst du dein Gefieder
färbst den Frühling mirzu dunklem Tag
lässt dich kalt in meinem Herzen nieder
wo es Tränen schneit

Schwer bist du, aus Blei, wild pickt dein Schnabel
unbarmherzig auf dieselbe Stelle
ich will aufstehen, doch es ziehen schwere Kabel
mich hinunter in dein Unbekanntes
Unüberwindlich scheint des Auswegs Schwelle
ewig unerreichbar alles Helle
es versklavt mich etwas Unbenanntes
und ich wäre doch so gerne frei

Flöge gerne mit dir in unvorstellbare Weiten
wie ein beflügelter Stein, ein Stern aus Schmerz und Glück
Ach, wie gerne würde ich dich begleiten
Doch der schwarze Vogel Traurigkeit – er muss
ein Freund sein – und von dir geschickt,
hält mich noch zurück

Nichts ist zu Ende

Nichts ist zu Ende solange der Lebensbaum blüht
solange die Sonne verglüht
nichts ist zu Ende, solange deine Hände
den Atem der Erde trinken
Nichts ist zu Ende solange die Blicke der anderen winken
durch den Schleier der Tage, durch die Nacht der Zeit
Nichts ist zu Ende solange die Gräber sich öffnen
und die Zukunft gebären.
Nichts ist zu Ende solange wir begehren

Grabrede

Eva, ich danke dir, dass ich dein Freund gewesen sein durfte.
Es gab eine Eva und es gab viele Evas. Einige habe ich davon gekannt, von ihnen will ich hier reden. Andere habe ich nur geahnt und gefühlt – Eva als leidenschaftliche Tante, Eva als Frau und Liebende, Eva als Tochter und Schwester, Eva als intime Freundin und tiefgründige Feministin...
Ich habe Eva als politischen Menschen erlebt, als femina politica. In der Sozialbewegung, im Kampf für Asyl- und Menschenrechte und vor allem für freie Meinung und für freie Radios.
In Wien und in Kärnten haben wir Piratenradios organisiert, Sendungen konzipiert und gestaltet, die Zensoren der Rundfunkbehörden an der Nase herumgeführt. Freie Radios konnten wir durchsetzen und auch sonst so manche positive Veränderung, - aber soviel bleibt noch zu tun!
Sie war eine treue Freundin, für mich ein Pfeiler der vielgenannten Zivilgesellschaft, nicht der operettenhaft aufgeblähten Chimäre derselben, die in Wahrheit nur Vorfeldorganisationen am Gängelband der Parteiblöcke ist, sondern jener in tausenden Assoziationen verwobenen, zusammengesetzt aus feinfühligen, autonom denkenden, engagierten Menschen, die sich in Bewegung setzen wenn soziale und politische Zustände und Entwicklungen unaushaltbar werden, wie beispielsweise damals 1993, mit dem Lichtermeer gegen das „Ausländervolksbegehren der Haider-FPÖ, ein Volksbegehren, das sich erstmals existenziell bedrohlich gegen Menschen richtete, oder zur Zeit der darauffolgenden schrecklichen faschistischen Briefbomben-Terroranschläge gegen Asylsuchende, MigrantInnen und Menschen fortschrittlicher, humanitärer Gesinnung, die in dem unvergesslichen ersten politischen Mord der zweiten Republik an den vier Roma-MitbürgerInnen und Mitmenschen in Oberwart, deinem Heimatort, gipfelte.
Eva war ein mutiger, engagierter Mensch und sie war da wenn man sie brauchte. Sie fehlt nicht nur als Mensch, sondern – und das hätte sie vielleicht aus Bescheidenheit nicht gerne gehört – als seltene ethische und politische Größe, als Teil eines utopischen Gegenentwurfes zu unserer krisenhaften, korrupten, immer menschenfeindlicheren und ungerechteren globalen Gesellschaftsordnung; sie fehlt schließlich als Künstlerin.
Sie fehlt wie Peter Kreisky, wie Dieter Schrage und mir persönlich noch viel mehr als diese, denn wir waren uns, bei aller Verschiedenheit der Charaktere und Temperamente vor allem in Belangen der künstlerischen Sensibilität und Kreativität sehr nahe. In einer Nähe, die ich nur mit wenigen so teilen konnte und kann und deren Echo sich in unserem gemeinsamen Film Kontinent: Alter über die Wirklichkeiten der mobilen Pflege älterer Menschen wieder findet.
Alain Badiou, der französische Philosoph sagt in seinem letzten Büchlein „Lob der Liebe“ einen treffenden Satz: Die Liebe ist aber wie jedes Wahrheitsverfahren wesentlich uneigennützig. Ich habe das Gefühl im Sinne dieser Interpretation von Liebe waren wir alle hier in deiner Liebe eingeschlossen. Und wir können, bei aller Trauer und bei allem Schmerz auch jetzt noch etwas für dich tun.
Ich als Agnostiker glaube daran, dass geliebte Menschen in einem weiterleben, dass wir uns bemühen können sie und ihre Essenz in uns lebendig zu halten. Das wird bei dir, Eva, schwierig sein, denn du warst bei aller Menschlichkeit und Freundlichkeit ein sehr anspruchsvoller und kritischer Geist – nicht nur gegenüber der Banalität des Bösen, wie sie Hannah Arendt beschreibt, sondern auch gegenüber der „Banalität des Guten“ und vermeintlich Guten. Die Latte für uns liegt also hoch. Aber, Eva, wir werden es versuchen.