20.2.13

Gedichte im Winterausklang


Drei Haikus im Winterfrühling

  1. Jänner 2013

Unentschlossen, stets
verhaucht zwischen den Zeilen
der Liebe Atem

Vom Dach der Seele
Räume den Schnee von Gestern
Der Frühling kommt bald.

Goldfassade glänzt
Stadtmenschen lächeln im Staub
Wintersonnengold

  1. Jänner 2013

Eigenartige Wetterlage

Da hat der Sommer
Schon ein Stückchen Himmel
Mit seinem sorgenlosen Blau bemalt
Der letzte Jännertag, ein lauer Sturm treibt Wolken
Durch den Himmel und blutgetränkte Wattewolken vor sich her
Und plötzlich hat der Süden sich in diesem Tag sein Nest gebaut
Der liegt mit einem Mal mitten am Mittelmeer
Und Döbling fährt aus seiner Haut
Das mag ich sehr

Das Rot der Hagebutten blinzelt aus dem Grün
Palmkätzchen nicken sachte von den Zweigen
Und nicht zu übersehen ist das Bemühen
Von Allem sich in neuem Licht zu zeigen
Was eben noch gestorben war beginnt zu blühen
Und Frühlingslachen klingt im Winterschweigen

Und wie zum Gruß und zur Bestätigung
Erscheint fast auf dem Fuß ein Dachs, nimmt Witterung
Und quert bedächtig morgenstill die Straße, die der Fuchs sonst quert
Seltsamer Tag, seltsame Straße, auf der statt Autos oder Füchsen heute ein Dachs verkehrt

  1. Februar 2013

Schlager“

Möwen an der Donau
Und etwas Sonne im Februar
Machen den Tag weniger grau
Als er vorher war

Kähne schleppen Kohlen
Mühen sich gegen den Fluss
Ich möchte mir von Dir holen
Lächeln und einen Kuss

Rostig am Ufer die Bäume
Träumen ein Frühlingslied
Hoffe dass ich nicht versäume
Wohin es mich so stark zieht

Zieht mich an allen Gliedern
In alle Richtungen fort
Würde so gerne erwidern
Gerne wäre ich dort

Weiß nicht wo dort ist
Wie komme ich dort hin
Suche in einer Wortlist
Einen verborgenen Sinn

Möwen an der Donau
Und etwas Sonne im Februar
Machen den Tag weniger grau
Als er vorher war

  1. März 2013
Raben am Morgen
In graukalter Dämmerung
Mein Herz fliegt mit euch


Meine ganz eigene Melodie

In dieser weiten, wogenden Welt der Worte
Ist da ein Platz für mich, für einen meiner Sorte
Ist da ein Stern am Himmel oder eine Wolke
Der für mich da ist, ganz für mich allein
Und dieser Neumond da, der wie ein Mund lacht
In der Nacht, so weiß wie Molke, könnte dieser Mond
Wirklich für mich erstanden sein?
Ist diese Nacht aus schwarzem, blauen Leinen
Mein Baldachin über dem Liebesbett
Oder ein Taschentuch damit ich besser weinen kann
Wenn meine letzte Stund am End geschlagen hätt?
Ich fühle mich schweben, mitten hier im Leben
In Kälte und im Neonlicht der Stadt
Kein Knochen tut mir weh, ich fülle nicht Grab noch Gräben
Und glaube noch zu fliegen wenn ich gehe...
Mein Herz schlägt wild und mild und singt, hörst du es singen
Ich führe was im Schild, ich weiß nicht was, noch wie
Doch muss ich sie zu Ende bringen, meine seltsame
Naive, tiefe, ganz eigene Melodie.

  1. Februar 2013
Bescheidener Wunsch
Nach dem Antifa Konzert „Comedia Mundi Social Club“

Wenn nur der Februar schon zu Ende wäre. Die Kälte und die bleierne Schwere der lichtarmen Tage. Der graue Himmel. Wenn nur diese unsichere Leere wieder gefüllt wäre von Tierstimmen, vornehmlich von Vogelgezwitscher, von aus der Erde hervorbrechenden Gräsern und Blumen, von diesem unbeschreiblichen Duft wiederkehrenden Lebens, modrig, süß, belebend, und von den kitzelnden Sonnenstrahlen, die alle Feuer des Lebens entzünden mit ihren springenden, kribbelnden Funken.
Wie ich den März herbeisehne, wenn auch in uns wieder die Zellen erwachen aus ihrem Winterschlaf, das Blut wieder beschwingter fließt, die Sehnen, Bänder, Muskeln sich wohliger dehnen, spannen, entspannen und die Lungen sich freudiger füllen mit duftender Luft, das Herz schlägt mit frischflockigen Flügeln und der Drang nach Weite und Meer wieder zunimmt und die Sehnsucht nach unbedingter Liebe und unbändiger Zärtlichkeit, nach Umarmungen, nach Paarung, wo sich Überschwang einstellt und die Lust zu spielen, nackt zu laufen unter der Sonne im Wind, barfuß auf den Steinen, entlang des Flusses. Wie ein Kind. Wo wir wieder aus der Haut fahren wollen und mitfliegen mit den Wolken zu unbekannten Horizonten.
Ach, ich wünschte so sehr, dass es nicht mehr Februar wäre und dass die Toten leben. Ein bescheidener und doch unbeschreiblich großer Wunsch, der mit Sicherheit in Erfüllung geht.